Objekt #4

Arnold Schönberg
Berlin-Südende, Berliner Straße 17a
1915

Alban Berg Stiftung, Wien

»Schönberg lässt Freunde und Gegner nicht zur Ruhe kommen. Er reizt auf und bezwingt wieder. Er macht es den Bewunderern oft schwer und entwaffnet gleich darauf die Feinde. Der hastige, kleine Mann mit dem kahlen, runden Kopf und den großen brennenden Augen, die in ruhigen Momenten etwas kindlich Gutes haben, macht den Eindruck eines fanatischen Mandarins. Er ist ein Sophist und ein Rabulist der faszinierendsten Art: er vermag Menschen ganz in seinen Bann zu zwingen, das Paradoxeste glaubhaft zu machen, das Unglaubwürdigste überzeugend. Seine Begabung ist unheimlich; die Begabung des ganzen Menschen, nicht nur des Musikers. Er zeichnet und malt, linkisch, unbeholfen, aber mit merkwürdiger, unbarmherziger Charakteristik – seine Selbstporträts zeigen es – und in greller Kraft der impressionistischen Farben. […]  Von alledem hat auch seine Musik etwas. Die Lust der übercharakteristischen Linie, der starken Farbenreize. Die Lust am Konstruktiven dazu, am Bewältigen der schwierigsten Probleme, am Lösen widerhaariger kontrapunktischer Berechnungen, unbekümmert darum, ob die Räder kreischen, wenn sie nur organisch ineinandergefügt sind. Dazu freilich – und das ist ihr Bestes – die starke Intuition der Erfindung, das allem kühl Gewollten spottende Sich- Erschließen und -Hingeben eines ekstatischen Stimmungskünstlers.«

(Richard Specht: Die Jungwiener Tondichter, in: Die Musik 9/7, Januar 1910)

Im Hintergrund des von Schönberg entworfenen Schreibpultes in seiner Berliner Wohnung ist das Gemälde Hass zu sehen (Objekt #3).